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Im wahrsten Sinne eine Odyssee

Heute läutete unser Wecker um 02:30 – wir schwangen uns topmotiviert irgendwie aus dem Bett und zogen uns an. Noch einmal Zimmerkontrolle ob wir was liegen gelassen haben und dann gings in den Lift und an die Reception. Wir hatten schon am Abend vorher geschaut ob wir noch was zu bezahlen hatten, der Checkout war darum sehr schnell. Susi wartete in der Lobby mit den Koffern und Raffi holte das Auto, Koffer eingeladen und los ging die wilde fahrt.

Wir fuhren auf fast verlassenen Strassen richtung Flughaften. Es hatte weiter geschneit und die Strassen waren recht verschneit. Als wir unseren 4×4 übernommen hatten, hatte Raffi noch bemerkt, dass die meisten Isländer anscheinend keinen Wert auf 4×4 legten und wir vermuteten schon dass wir verarscht wurden, dass wir wohl etwas verarscht wurden mit unserer 4×4 Miete. Bei der Fahrt zum Flugplatz waren wir aber nun froh um den 4×4, sahen aber auch, dass die Isländer auch mit ohne 4×4 wie die dummen über die Autobahn schossen. Unser plan war es: 03:00 abfahrt und dann ca. 04:00 Rückgabe des Mietautos damit wir dann mit dem Shuttle spätestens 05:30 am Flughafen sein würden – lieber viel früher.

Wir bogen von der Autobahn ab richtung Icerental 4×4 (der Mietwagenfirma) und stellten fest – “huii da hats aber viel Schnee auf der Strasse” – Raffi schätzte es aber dank 4×4 als fahrbar ein also fuhren wir weiter. Nach ca. 1 Minute fahrt sahen wir in der Distanz drehlichter und Personen in Leuchtvesten bzw. Leuchtjacken und entschieden uns erstmal an zu halten und die Situation ein zu schätzen. Eine der Leuchtwesten bewegte sich auf uns zu und teilte uns mit, dass im weiteren Verlauf der Strasse ca. 10 Fahrzeuge feststecken und dass hier bis in ein paar Stunden nix mehr läuft. Raffi erinnerte sich aber, dass wir von einer anderen Seite im Shuttle zum Vermieter geführt wurden und wir entschieden uns, zu wenden und dann vom Flughafen her zum Vermieter zu gelangen.

Auto gedreht und dann erstmal den nachfolgenden die Story erzählt. Der erste war ein Taxifahrer und drehte Kommentarlos um und fuhr zurück, der nächste war ein Ami in einem Toyota Yaris (oder ähnlich) welcher uns ein Lied vorklagte von wegen er müsse den Wagen zurückgeben und die Strassen werden hier nicht anständig geräumt und und und – wir konnten ihm nur zustimmen aber halt nicht helfen. Beim dritten sass ein ähnliches Paar wie wir in einem Dacia Duster, er mit langen Haaren und sie etwas kleiner. Raffi erklärte ihm auf English was Sache ist und er erklärte mir, dass er den anderen Weg bereits versucht hatten – plötzlich meinte er in breitem St. Galler Dialekt “Ich dänke mer chönnd au schwizerdüütsch reedä” – also machten wir auf Schweizerdeutsch weiter. Wir fanden aber auch keine Lösung, er war schon recht “verzweifelt” und wollte irgendwo halb quer Feld ein probieren und Raffi war nicht bereit so ein Risiko ein zu gehen. Nach Raffis Meinung: Auto am Flugplatz hinstellen, Schlüssel hinterlegen und abfliegen. Dazu meinte der Kollege, dass der Vermieter da mit Polizei und Strafe drohte. Wir trennten uns ohne Daten aus zu tauschen und wünschten uns gegenseitig viel Glück.

Nun versuchten wir erst mal unseren Vermieter zu erreichen, die anderen hatten bei “Northern Light Car Rental” gebucht und wir hatten bei Icelandcar 4×4 gebucht – evtl. war ja unser Vermieter einsichtig. Zuerst erreichten wir niemanden – das Telefon läutete einfach ins leere, dann beim ca. 3ten Versuch hatten wir jemanden am Telefon. Raffi erklärte ihm, dass alle Strassen die zu ihm führen blockiert seien und wie wir nun zusammen eine Lösung finden. Er meinte “Ich weiss nicht wovon ihr sprecht, ich bin gerade auf dem Weg zum Flugplatz!” Raffi meinte dann “Ok cool, dann können wir uns ja am Flugplatz treffen und…. ” da redete der typ vom Vermieter Raffi schon rein “nein Nein Nein, wenn du das machst zeige ich dich bei der Polizei an und wir räumen deine Kreditkarte leer” – Raffi sagte ihm dann “sorry mein vorschlag wäre gewesen wir treffen uns am Flugplatz, wir fahren mit dir zurück zu deinem Standort und dann stellst du uns mit dem Shuttle wieder an den Flugplatz!” er meinte dann nur “Ich kann jetzt nicht – ich muss fahren – ich rufe dich in ein paar Minuten zurück!” – Das wars dann auch – die nächsten 1.5h erreichten wir den Typen nicht mehr.

Wir fuhren nun trotzdem vom Flugplatz aus richtung Mietwagenfirma und mussten dann auch plötzlich anhalten weil wir auf der Strasse ein Auto stehen sahen welches von jemandem in einer Leuchtweste ausgegraben wurde, mit einer Lawinenschaufel. Wir entschieden uns, das Auto an den Strassenrand zu stellen und zu schauen was sich hier ergibt. (es hatte weiterhin 60Km/h Wind und Schnee kam aus diversen richtungen) Wir überlegten wie wir nun helfen könnten oder ob wir noch eine alternative hätten. Als wir so da sassen und sich hinter uns ein Mietauto nach dem anderen aufreihte welche dann auch alle warteten, schoss plötzlich ein Volvo S60 (gibts nur als frontantrieb) an uns vorbei und fuhr richtung dieses anderen gestrandeten Autos. Wir erwarteten, dass dies ein weiterer Helfer sei der auch einen Plan hat – bis wir realisierten dass er nun auch feststeckte und ausstieg und begann sein Auto aus zu graben. Während dem dies passierte fuhren weitere Isländer mit aufgemotzten 4×4 Fahrzeugen (schon fast Monstertrucks) quer Feld ein an uns vorbei – denen kam es auch nicht in den Sinn den anderen Fahrzeugen zu helfen – die hätten das ganze problemlos beheben können.

Und da dämmerte es Raffi: Die Autos die da feststeckten waren Front/Heckangetriebene Autos von Isländern die 50cm Schnee auf der Strasse sehen und denken “Das krieg ich hin” – um dann rein zu fahren und fest zu stecken. Mit unserem 4×4 wären wir da gut durchgekommen, wenn da nicht die gestrandeten Autos gestanden hätten. Für uns war nun klar, ein durchkommen bis zu dieser Firma liegt nicht drin. Da wir die Firma nicht kontaktieren konnten, fuhren wir zum Flughafen und versuchten dort jemanden von dieser Mietwagenfirma zu erreichen. Während wir zum Flughaften fuhren rief Susi noch unser Reisebüro an und herr Gosteli machte uns klar “1. Ihr seit verantwortlich dass der Wagen zurückgegeben wird, 2. Ihr seit verantwortlich dass ihr Rechtzeitig am Flughafen seit – wenn wir 1. nicht erfüllen können müssen wir mit der vermittlerfirma Kontakt aufnehmen und wenn wir 2. nicht erreichen müssen wir das schnell genug sagen und auf eigene Kosten eine umbuchung starten.” – Wir hatten nicht realisiert, dass das Reisebüro nicht bei Icerental gebucht hat sondern bei “Sunny Cars” – und er hat uns dann empfohlen, dass wir dort anrufen. Also hat Susi bei Sunny Cars sich in die Warteschleife begeben (“Bitte haben sie etwas geduld, alle mitarbeiter sind zurzeit besetzt” – war ja klar – sind wohl nicht die einzigen die das Problem hatten) und Raffi ist in den Flughafen rein um zu schauen ob er irgendwelche Infos kriegt was wir nun tun sollten.

Im Flughafen erreichte Raffi relativ schnell einen Info-Mitarbeiter der schon unglaublich abgekämpft aussah. Raffi stellte seine Frage und sah wie sich der Blick des Mitarbeiters ins bodenlose verdrehte. Also erst mal dem Mitarbeiter das Beileid aussprechen und dann nochmal die Frage stellen. Der Mitarbeiter meinte, dass die Firma alle 20min im Flughafen sei mit ihrem Shuttle – Raffi fragte wann er die Firma zum letzten mal gesehen hatte und der mann sagte “Hmm – yeah – I haven’t seen them for a while” – also irrte Raffi weiter, fand andere Touristen die frisch eingetroffen waren und auf den Shuttlebus von Icerental 4×4 warteten – seit über einer Stunde. Also suchte Raffi den Weg zurück zu Susi (den er fast nicht fand) und fand Susi im Auto immernoch in der Warteschlaufe vor. Mittlerweile war es ca. 05:00 – wir entschieden uns nochmal beide Strassen zur Vermietung zu testen – wenn wir bei beiden keinen Erfolg haben stellen wir das Auto auf einen Parkplatz und geben die Schlüssel bei der Information ab und schreiben Icerental eine E-Mail wo sie den Wagen finden und wer den Schlüssel hat.

Kaum hatten wir uns auf den Weg gemacht kamen wir endlich bei Sunny Cars durch, Susi erklärte den Sachverhalt und die Frau sagte sofort “Bringen sie den Wagen zum Flughafen, setzen sie ihn irgendwo hin und geben sie die Schlüssel bei der Information ab – dann schreibt ihr Icerental wo sie den Wagen finden können und gehen sofort auf den Flug” – wir drehten also beim nächstmöglichen Kreisel (zum glück gibts so viele) wieder richtung Flughafen und während dem wir schon einen Parkplatz suchten, versuchten wir noch ein letztes Mal Icerental 4×4 zu erreichen und kamen plötzlich durch. Diesesmal war ein viel freundlicherer Mitarbeiter am Telefon sagte uns wir sollen den Wagen auf den Parkplatz P3 stellen, Ticket und Schlüssel in das Handschuhfach legen und sicherstellen, dass wir unseren Flug erreichen. Was wir dann auch taten, auch auf dem Parkplatz P3 wieder dasselbe Problem – wo können wir das Ding hinstellen so dass er nicht ausgegraben werden musste. Irgendwo haben wir dann eine Ecke gefunden und sind so schnell wie möglich in den Flughafen gehetzt.

Um ca. 05:40 checkten wir unser Gepäck ein (wir hatten schon am Vortag den Online Checkin gemacht) und begaben uns zum Security Check-In – mit sehr viel Bammel weil überall am Flughafen Leute am Boden schliefen gingen wir davon aus, dass der Security Check sehr lange dauern würde. Dem war dann aber nicht so, es ging recht zügig voran und während dem wir warteten – trafen auch die beiden Schweizer ein die wir zuvor im Duster gesehen hatten. Sie hatten irgendwie einen Weg zur Mietwagenfirma gefunden und dank ihnen hatte dann der Typ ein einsehen und erlaubte den restlichen Gästen das Zurücklassen des Fahrzeuges am Flugplatz. Wir verloren die beiden leider aus den Augen beim Security Check und mussten relativ schleunig zum Gate (zuerst aber mal WC und etwas zum Frühstück – Cola und Schoggidrink – einkaufen) – wir warteten dann trotzdem irgendwie 20min bis das Gate öffnete und konnten dann endlich den Flieger besteigen.

Durch den ganzen Stress war Raffi so erschöpft und aufgewühlt, dass er im Flieger die totale Klaustrophobie abbekam, normalerweise ist das Flugzeug der glücklichste Ort für Raffi aber diesesmal drehte sich alles und die Wände kamen immer näher. Auch wollte er Susi die grundsätzlich Flugangst hat nicht beunruhigen und sagte ihr nicht wie es ihm ging. Während des ganzen Fluges hatte Raffi das gefühl, dass wir in einem Linkskreis am fliegen waren – einzig der Blick auf den Boardmonitor der Geschwindigkeit und Richtung anzeigt beruhigte ihn etwas – aber natürlich überhitzte der Monitor vor Raffi die ganze Zeit und stürzte ab – und auch Susis Monitor stürzte andauernd ab – und nach jedem neustart musste man ein 3 Minütiges Werbevideo für Island anschauen dass wir mittlerweile ausswendig kannten. Auf jedenfall war der Flug für Susi UND Raffi der absolute Horror und 3h reine Folter.

Mittlerweile sind wir gut zuhause angekommen und haben diesen Newsartikel entdeckt:

Reykjavik. Wenige Tage vor Weihnachten sitzen Hunderte Reisende wegen eines heftigen Wintersturms auf der Nordatlantik-Insel Island fest.
Wegen des Unwetters sind auf dem internationalen Flughafen in Keflavik bei Reykjavik seit Montag so gut wie alle Flüge ausgefallen, wie
der Rundfunksender RÚV und weitere isländische Medien am Dienstag berichteten. Diejenigen, deren Flieger dort landen konnten, kamen dann
nicht aus dem Flughafen heraus.

Rund 200 Flugpassagiere entschieden sich laut RÚV, vorerst im Terminal zu bleiben. Die Behörden gaben Wetterwarnungen heraus und machten
klar, dass gerade kein Reisewetter herrsche.

Auch am Dienstagvormittag fielen laut der Webseite des Flughafenbetreibers Isavia etliche Flüge aus. Die isländische Fluglinie Icelandair
schrieb, wegen der ernsthaften Wetterbedingungen müsse man alle Morgenflüge von und nach Keflavik streichen. Man hoffe, dass sich die
Wetterlage im Laufe des Tages verbessere. Auch die weitere isländische Airline Play sprach von „extremen Wetterbedingungen“ und dankte
ihren Kunden für ihre Geduld.

https://www.rnd.de/reise/island-hunderte-flug-reisende-wegen-sturm-gestrandet-HXWEP6EEMCZU4XWO25C3RPAKLQ.html?outputType=valid_amp

Das heisst wenn wir nicht den Flug priorisiert hätten, wären wir auf den nächsten Flug am Montag umgebucht worden und würden da nun weiterhin feststecken. Das wäre dann ein richtiger Test für unsere Nerven geworden.